Rezension des Buches „Tobaksplitter – Sammlung kurzer Geschichten“ von Ingo S. Anders.

»Tobaksplitter« ist eine Textsammlung, erschienen 2021 bei BoD, die mich – um mein Urteil gleich vorwegzunehmen – direkt vom Hocker gehauen hat.

In nicht weniger als 28 kleinen Texten schafft es Ingo S. Anders mit Leichtigkeit, den Leser in seine Welt mitzunehmen und nicht mehr loszulassen. Diese Gedanken- und Erlebnisfragmente sind jedes für sich genommen schon unglaublich stark, sie müssen jedoch als Gesamtkunstwerk betrachtet werden. Der Lesende bekommt mit jeder Geschichte ein weiteres Mosaiksteinchen geliefert, das nach der letzten Seite ein ganzes Bild an Erfahrungen entstehen lässt, das diesen Menschen ausmacht.

Die Themen sind keine angenehme Bettlektüre, sie decken Missstände auf, erzählen von unangenehmen Erlebnissen und geben Einblick in Dinge, die nicht jeder erfährt. Die Höhen und Tiefen des Mensch-Seins werden einem hier auf faszinierende Weise vor Augen geführt. Gerade deswegen fühle ich mich emotional und wissenstechnisch vielfach bereichert und auf eindrückliche Weise sensibilisiert für ein Thema, das ein Otto-Normal-Cismensch ungefähr überhaupt nicht auf dem Schirm hat. Da muss man sich wirklich fast schämen, die Komplexität und Tiefe sind der Wahnsinn. Das betrifft nicht nur die trans* Themen, sondern auch den Rest.

Vom Handwerklichen her sind die Geschichten ausgereift und rund, die Bilder, die Anders mit seinen Worten zeichnet, sind stimmig und bringen das Kopfkino zum Laufen.

Für schwache Nerven sind diese Texte sicher nichts, wer aber seinen Horizont erweitern will, dem seien sie ans Herz gelegt. Jeder einzelne Text ist absolut lesenswert.